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The Secret of Vintage Cocktails

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The Secret of Vintage Cocktails

Vintage Cocktails? Cocktails gereift in Flaschen? Hört sich komisch an? Genau! Ist aber ein grandioses Prinzip, um den Cocktailbegeisterten dieser Welt einen alten Bekannten in neuem Gewand zu präsentieren.

Die ersten detaillierteren Informationen zum Thema Vintage Cocktails sind mir seit dem BCB 2010 bekannt, wo der Vortrag “Flaschen- und Fasslagerung von Cocktails – Ein Zukunftskonzept?” von Tony Conigliaro (Bartender in 69 Colebrooke Row, London) auf dem Veranstaltungsplan stand. Um ehrlich zu sein, konnte ich mir im Vorfeld nicht vorstellen, was die Lagerung bezwecken sollte, außer das Gemisch einer langsamen Oxidation zu unterziehen.

In der Theorie soll die Lagerung von mehreren Monaten oder gar Jahren dafür sorgen, dass die Mischung von mehreren Zutaten langsam aber stetig zu einem eigenständigen Ganzen heranwachsen kann. Geschmacksspitzen verschwinden, neue Geschmäcker entstehen und der Cocktail soll mehr aus einem Guss wirken. Während des Vortrages war leider ein richtiger Vergleich anhand der kleinen Proben nicht möglich.

Tony Conigliaro @ BCB

Tony Conigliaro @ BCB

Entdeckt hat Tony diese Methode zur Verfeinerung von Drinks zufällig, als er eine Flasche Dubonnet aus den 20er geschenkt bekam, die viele Jahre unbewegt in einem Keller stand. Wider erwarten war diese nicht verdorben, sondern wies im Gegensatz zu einer frischen Flasche ungeahnte Komplexität auf. Mit der Zeit verfeinerte Tony diesen Ansatz zur Lagerung ganzer Cocktails um diesen mehr Komplexität und ein runderes Gesamtbild zu geben.

Nach dem Vortrag war ich begeistert von der Idee der flaschengelagerten Cocktails bzw. Vintage Cocktails, wie Tony sie nennt, aber skeptisch, ob der Unterschied so deutlich ausfallen würde, wie in dem Vortrag angepriesen. Erste Anlaufstelle während des Rumfestes UK 2010 in London war daher The Bar with no Name in der 69 Colebrooke Row. Grund war der Vintage El Presidente – Aged for six month, der zur Zeit des Festivals als Special auf der Cocktailkarte der Bar stand. Glück muss man haben! Naja, zumindest zum Teil. Sonntags wurde im Rahmen einer Rumfest Afterparty ein einjähriger El Presidente ausgeschenkt, was ich dummerweise erst Dienstags im kalten Stuttgart las.

Nichts desto trotz zeigt bereits der sechs Monate alte El Presidente, dass Tony nicht zu viel versprochen hatte. Im blinden Vergleich zwischen dem regulären El Presidente und dem Vintage El Presidente konnte man beide mit Leichtigkeit unterscheiden. Der “gereifte” Cocktail schmeckte einerseits mehr aus einem Guss, andererseits auch deutlich komplexer als der frisch gemixte Cocktail. Dieser war sehr rund und überragend abgestimmt, man merkte ihm im Vergleich jedoch deutlich an, dass er aus einem Mix von mehreren Zutaten bestand. Ebenso bot er intensivere Geschmacksspitzen, wodurch das Ganze forscher und etwas aufregender daher kam. Der Vintage El Presidente war allerdings ebenso geschmacklich auf der intensiven Seite, bot aber nicht die Kraft der einzelnen Komponenten, sondern diese wurden zu etwas Neuem verbunden, welches der Ursprungszusammenstellung in diesem Punkt in nichts nachstand.

Complexity Changes in Vintage Cocktails (Quelle: DrinkFactory.com)

Complexity Changes in Vintage Cocktails (Quelle: DrinkFactory.com)

Begründet wird diese Änderung im Geschmack mit langsam stattfindenden Reaktionen zwischen den unterschiedlichen Zutaten, die im Laufe von mehreren Monaten und Jahren erfolgen. Hierbei verbinden sich diese nicht nur enger miteinander, sondern es werden gleichzeitig neue Aromen gebildet. Auf diese Weise wird der Cocktail insgesamt runder und komplexer, verliert aber nicht zwingend an Intensivität.

Welcher der beiden schmeckte besser? Beide waren sehr, sehr gut, gehen jedoch unterschiedliche Wege. Tendenziell würde ich den Vintage El Presidente bevorzugen, das mag aber an der Besonderheit der Sache liegen. Jemand anderes ist eventuell die Forschheit wichtiger als die Komplexität und würde eher den frisch gerührten Cocktail wählen. Wer in London ist, sollte auf jeden Fall vorbei schauen und selbst entscheiden!

Vintage Cocktails in der eigenen Bar?

Kommen wir zu der interessantesten Frage dieses Artikels, bevor sich jeder an das Suchen von leeren Flaschen macht: Was ist beim Ansetzen von Vintage Cocktails zu beachten?

Tony lagert die Cocktails in mit Kork verschlossenen 700ml Flaschen, welche bis auf ca. zwei Zentimeter mit Flüssigkeit gefüllt und zusätzlich mit Isolierband um den Korken herum abgedichtet werden. Die Flaschen sollten während der “Reifezeit” bei möglichst konstanter Temperatur und ohne Einfluss von Sonnenlicht ihr Dasein fristen. Optimaler weise findet sich ein alter Keller, der genug Feuchtigkeit bietet, um die Korken der Flaschen feucht zu halten. Für Weinkeller wird meistens 60% bis 80% Luftfeuchtigkeit empfohlen, was auch für Korken von Spirituosen gilt. Um den Einfluss von Alkohol auf den Korken zu vermeiden, müssen die Flaschen stehend aufbewahrt werden, da sonst der Korken und damit der Inhalt Schaden nehmen kann. Wer ein paar Spirituosenschätze im Keller hat, weiß wie er die Cocktails zu lagern hat.

Für meine eigenen Versuche habe ich 200ml Flaschen (Bordeaux Futura) verwendet, um nicht in kurzer Zeit eine größere Menge der Cocktails zubereiten zu

müssen und die finanzielle Investition im Falle eines Fehlschlages in Grenzen zu halten. Laut Tony halten geöffnete Vintage Cocktails Flaschen drei bis vier Wochen, bis sich die Oxidation negativ bemerkbar macht. Dies hängt aber von der Füllmenge der jeweiligen Flasche ab. Da ich kleinere Flaschen verwende, habe ich weniger Luft in den Flaschen gelassen, nämlich ungefähr einen Zentimeter.

Vintage Manhatten

Vintage Manhatten

Für meine eigenen Versuche habe ich mich für vier verschiedene Cocktails entschieden: Smoky Herbs, El Presidente, Manhatten und Padovani. Diese werden mindestens 6 Monate (bis Ende Juli) im Keller stehen und hoffentlich genauso begeistern, wie der El Presidente in 69 Colebrooke Row, London.

Nach ein paar Wochen machte sich bei den Flaschen des Vintage Smoky Herbs ein Bodensatz bemerkbar, welcher wohl durch Schwebstoffe des Boker’s Bitters oder Ardbeg TEN entstanden ist. Die Frage ist, ob die Flaschen mit Vintage Cocktails regelmäßig alle eins bis zwei Wochen leicht geschüttelt werden sollten, um die Schwebstoffe und die restlichen Zutaten wieder miteinander zu vermengen? Leider kann ich hierzu keinen Erfahrungswert liefern. Die ersten Vintage Cocktails von Tony Conigliaro standen zumindest unangetastet im Keller . Um in ein paar Monaten einen Vergleich ziehen zu können, werde ich einen Teil der Smoky Herbs Flaschen von Zeit zu Zeit schütteln und den Rest unbewegt stehen lassen. Ich nehme an, dass wenn sich später ein Unterschied feststellen lässt, dieser gering sein sollte.

Um den Korken zusätzlich abzudichten habe ich kein einfaches Isolierband verwendet, sondern auf sogenannten Parafilm zurückgegriffen, der in Laboren zum Verschließen von Petrischalen verwendet wird. Parafilm ist ein Kunststoff (Paraffin-Wachs, Polyolefin) der nicht wie Tesafilm klebend, jedoch extrem dehnbar ist (bis zu 200%) und ähnlich angewendet werden kann, wie handelsübliche Frischhaltefolie. Erhältlich ist Parafilm entweder im Laborbedarf, Modellbaufachhandel (wird zum Abkleben beim Lackieren/Bemalen verwendet) oder bei ebay.

Um die Vintage Cocktail anzusetzen sollten alle Zutaten ohne Eis in ein Glas gegeben und mit Hilfe eines Löffels vermischt werden. Daraufhin in die Flaschen füllen, mit einem Kork verschließen und Isolierband/Parafilm um den Kork, sowie den Flaschenhals wickeln. Vor dem Einlagern im Keller nicht vergessen, die Flaschen entsprechend zu beschriften. Am besten mit Abfülldatum und genauem Rezept, so gibt es nach ein paar Jahren keine Fragen, falls die entsprechenden Notizen nicht mehr auffindbar sind.

Barrel Aged Cocktails vs Vintage Cocktails

Während mir persönlich Details zum Thema Vintage Cocktails erst seit dem BCB 2010 bekannt sind, dürften Barrel Aged Cocktails weitaus verbreiteter sein. Pionier auf diesem Gebiet war Jeffrey Morgenthaler welcher 2009 nach einem Besuch in London und dem Verzehr von einigen Vintage Cocktails bei Tony ein Fass Manhattens für die Bar Clyde Common in Portland ansetzte. Dies war sofort ein voller Erfolg und wird seit dem mit weiteren Cocktails durchgeführt. In Deutschland experimentiert gerade Jörg Meyer vom Le Lion in Hamburg mit der Lagerung von Cocktail in Holzfässern. Durch die Verwendung von frischen Fässern sollte schon innerhalb weniger Tage/Wochen ein Ergebnis vorliegen. Wirklich schade, dass Hamburg zu weit für einen kurzen Tagestrip von Stuttgart entfernt liegt. ;-)

Bei der Verwendung von Holzfässern spielt neben den eigentlichen Zutaten des Cocktails der Einfluss des Holzes selbst eine Rolle und bringt evtl. vollkommen neue Aromen mit. Primär kommt es auf die Art des Fasses an. Das verwendete Holz, als auch die eventuell vorherige Nutzung für die Lagerung von Whisky, Rum, Port, Sherry oder anderen Spirituosen sollten die Cocktails teilweise stark verändern. Hier liegt es am Bartender die Lagerzeit so zu wählen, dass der entsprechende Cocktail in seinen Grundzügen noch erkennbar ist, aber gleichzeitig durch neue Bestandteile bereichert wird.

Gerade wenn ein Cocktail eine gereifte Spirituose als Basis besitzt, stelle ich es mir schwer vor, den richtigen Moment des Holzeinflusses abzupassen, dass der Geschmack dessen nicht überhand nimmt. Falls die Reifung allerdings gelingt, müsste das Ergebnis höchst aufregend schmecken. Durch die große Auswahl an unterschiedlichen Fässern ist der Fantasie von Bartendern keine Grenzen gesetzt.

Vintage Manhatten @ Colebrooke Row (Quelle: DrinkFactory.com)

Vintage Manhatten @ Colebrooke Row (Quelle: DrinkFactory.com)

Bei der Lagerung von Cocktails in Flaschen verbinden und reagieren dagegen nur die einzelnen Bestandteile des Drinks miteinander, nähern sich gegenseitig an und lassen neue Aromen entstehen. Man kann dies vergleichen mit der Ruhephase von vielen ungereiften Spirituosen, die für ein paar Wochen oder Monate in Stahltanks oder Tonkrügen lagern um ein ausgeglicheneres Geschmacksbild zu erhalten.

Vintage Cocktails haben zudem den Vorteil, Cocktails quasi unbegrenzt über mehrere Monate oder Jahre lagern zu können, um einem Gast verschiedene Jahrgänge anzubieten. Bis jetzt konnte ich, wie gesagt, nur einen sechs Monate alte El Presidente probieren, jedoch sind die Berichte über länger gereifte Cocktails sehr vielversprechend, so dass sich noch nach mehreren Jahren Unterschiede erkennen lassen sollten. Die ältesten Vintage Cocktails in 69 Colebrooke Row sollten mittlerweile das Alter von sechs Jahren übertreffen.

Die Rezepte

Der Vollständigkeit halber folgen nun die Rezepte zu den vier von mir angesetzten Cocktails. Das Rezept des Vintage El Presidente wurde etwas verändert und nutzt anstatt trockenen Wermut die süße rote Variante in Form des Carpano Antica Formula. Bei trockenem Wermut habe ich sehr schlechte Erfahrungen mit der Lagerfähigkeit, auch im Kühlschrank, gemacht.

Vintage El Presidente

  • 4,5 cl Havana Club Barrel Proof Rum
  • 2cl Carpano Antica Formula
  • 1cl Cointreau Orange Liqueur
  • 0,25cl Pomegranate Sirup
  • 1 Dash Angostura Aromatic Bitters
Vintage El Presidente

Vintage El Presidente

Vintage Padovani

  • 4,5cl Glengoyne 10 Single Malt
  • 1,5cl St. Germain
  • A splash of Bowmore Legend Islay Single Malt

Vintage Smoky Herbs

  • 6cl Ardbeg TEN Scotch Single Malt from Islay
  • 2cl Licor 43
  • 0,25cl Dr. Adam Elmegirab’s Boker’s Bitters
Smoky Herbs

Smoky Herbs

Vintage Manhatten

  • 4,5cl Rittenhouse Bottled in Bond Rye Whiskey
  • 2cl Carpano Antica Formula
  • 2 Dashes Jerry Thomas’ Own Decanter Bitters

Do it yourself!

Nachdem ich eine kurze Statusmeldung über die fertig angesetzten Vintage Cocktails bei Facebook geschrieben hatte, haben spontan ein paar User des C&D Forums ihre eigenen Vintage Cocktails angesetzt. Ich bin seht gespannt, was uns im Juli erwartet! Hat in Deutschland schon jemand Erfahrungen mit dem Ansetzen von Vintage Cocktails gemacht? Ich würde mich über Meinungen und Eindrücke freuen. Wer einen detaillierteren Eindruck von Tony Conigliaro und seiner Arbeit bekommen möchte, sollte hier oder hier vorbei schauen. Selbst schreibt er auf dem Blog Drink Factory.


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